Eine marktgerechte Rendite auf den Anlagen bzw. von den mit der Verwaltung betrauten Managern wird von institutionellen Anlegern zurecht erwartet. Je nach Anlageklasse und Strategie ist das in der Praxis mehr oder weniger leicht zu erreichen. Während bei passiven Anlagen das Umsetzungsrisiko überschaubar bleibt, spielt es bei aktiven und alternativen Anlagen auf mehreren Ebenen eine zentrale Rolle, wie wir im Timeout erörtern werden.
Wie gut ist «gut»?
In den meisten Anlagegremien tauchen regelmässig folgende zwei Fragen auf: Können wir mit der erzielten Rendite zufrieden sein und erreichen wir mit den gewählten Fonds und Managern die gesetzten Ziele in der Zukunft? Wer auf diese Fragen mehr als ein schlichtes «Ja» oder «Nein» als Antwort erwartet, sollte sich mit der spezifischen Wettbewerbssituation innerhalb einzelner Anlageklassen und zwischen den einzelnen Managern auseinandersetzen. Unter dem Begriff «Umsetzungsrisiko» verstehen wir, wie einfach (schwierig) es ist, die beiden Fragen einzuschätzen. Da das Umsetzungsrisiko in unterschiedlichen Anlageklassen und Strategien erheblich variiert, widmen wir dem Thema ein eigenes Timeout.
Selbstverständlich variieren auch gesteckte Ziele sowohl zwischen Anlegern als auch zwischen Anlage-klassen, Strategien und Managern. Darum reicht es in unseren Augen nicht aus, nur absolute Renditen über den gleichen Leisten zu brechen. Ein guter Startpunkt ist stattdessen ein Vergleich mit gesteckten Zielen für einzelne Anlageklassen und Fonds. Was gilt es dabei zu bedenken?
Was war nochmals das Ziel?
Für eine vereinfachte Betrachtung bietet sich die Unterscheidung in zwei Anlagetypen an, wobei nur der Wettbewerb innerhalb einer Anlageklasse als Unterscheidungskriterium dient: «Beta»-Anlagen umfassen Anlageklassen und Strategien, deren Ziel darin besteht, systematische und ökonomisch validierte Risikoprämien kosteneffizient abzuschöpfen. Falls dabei noch eine Mehrrendite, also «Alpha» resultiert, ist das erfreulich, aber nicht die Hauptmotivation. «Alpha»-Anlagen sind in diesem Timeout hingegen solche, die nicht nur systematische Risikoprämien abschöpfen, sondern durch aktive Selektion guter Einzeltitel ihre Renditen erzielen. Für letztere ist ein Beta zu einem bestimmten Markt (z.B. Aktien) zwar nicht ausgeschlossen und teilweise unvermeidbar. Der Erfolg der Alpha-Anlage ist vor allem daran zu messen, ob ein Manager durch erfolgreiche Titelselektion echtes Alpha in Form einer Mehrrendite erzielt und eben nicht bloss traditionelles Beta abschöpft.
Beta-Abschöpfen leicht gemacht
Das Ziel indexierter (passiver) Anlagen liegt per Defi-nition darin, Indizes abzubilden bzw. deren Rendite kostengünstig nachzubilden. Um den Erfolg solcher Beta-Anlagen zu beurteilen, reicht ein Vergleich der erzielten Rendite mit der Indexrendite (plus allenfalls Tracking Error). Passive Index-Anlagen replizieren das öffentlich bekannte Benchmark-Portfolio, weshalb auch ihre erzielte Rendite (fast) identisch ausfallen sollte, besonders wenn die Kosten dafür tief gehalten werden können. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass es vor allem bei Aktien- oder gewissen Anleihemärkten diverse Anbieter gibt, welche dieses Ziel mit hoher Zuverlässigkeit erreichen und dafür nur minime Gebühren verlangen. Daher können Anbieter im Wettbewerb kaum noch besser oder günstiger werden. Die Dispersion der erzielten Renditen vieler Manager in der Beta-Gruppe fällt entsprechend tief aus, womit das Umsetzungsrisiko überschaubar wird.
Beta-Abschöpfen mit Herausforderungen
Für einige Anlageklassen wie Cat Bonds oder Senior Secured Loans existieren zwar Indizes, die sich eben-falls aus Einzeltiteln zusammensetzen. Dennoch ist es schwierig, die Rendite dieser Indizes zu replizieren, vor allem nach Kosten. Ein Grund liegt darin, dass diese Indizes keine Transaktionskosten berücksichtigen, stets die volle Zuteilung an neuen Titeln erhalten und sie bei Problemen ohne weiteres wieder ausbuchen können. Manager in diesen zwei Beispielen scheitern daher beim Versuch, die Indexrendite nach Kosten zu erreichen, obwohl sie vor Kosten nicht selten Alpha erzielen und ihre eigenen Kosten häufig fair ausfallen.
In einem Peergroup-Vergleich landen Indizes dieser beiden Anlageklassen über viele Perioden im Top Quartil oder gar im Top Dezil. Die eingangs gestellten zwei Fragen können deshalb mit «Ja» beantwortet werden, selbst wenn die Index-Rendite mit den gewählten Managern/Fonds nicht erreicht wurde. Im Gegensatz zu traditionellen passiven Anlagen ist die Renditestreuung unter Anbietern von Cat Bond- oder Loan-Fonds aber viel höher, weshalb Renditen mehr divergieren und Umsetzungsrisiken höher sind bzw. sorgfältige Selektionen entscheidender werden.
Alpha-Wettbewerb bei Privatmarktanlagen
Noch viel komplexer wird es bei der Umsetzung und Leistungsbeurteilung bei Anlageklassen, für die keine transparenten, replizierbaren Indizes zur Verfügung stehen. Beispiele hierfür sind Private Equity, Private Debt, und Infrastruktur sowie andere alternative Anlagen. Natürlich verdient die Einsicht, dass solche Alpha-Anlagen höheren Umsetzungsrisiken unter-liegen, noch keinen Nobelpreis. Wir zeigen bloss auf, wo praktische Herausforderungen für erfolgreiche Umsetzungen liegen und wieso pauschale Vorurteile und Verallgemeinerungen gegenüber diesen Alpha-Anlageklassen für uns als unangebracht erscheinen.
Wir starten damit, dass bei Privatmarktanlagen kein öffentlicher Handel stattfindet. Mit Ausnahme von «Secondary»-Deals können also weder private noch institutionelle Investoren ohne weiteres Anteile bzw. Titel erwerben. Zudem befindet sich das Eigentum an privaten Firmen fast immer in viel weniger Händen als bei kotierten Unternehmen, d.h. der Streubesitz ist wesentlich geringer. Deshalb bestehen die Portfolios von Privatmarktfonds in der Regel aus völlig unterschiedlichen Titeln, was sie in einem gewissen Sinn fast einzigartig macht. Dies steht im Gegensatz zu passiven Indexfonds, die sich häufig wie eineiige Zwillinge gleichen. Der Anlageerfolg von Privatmarkt-fonds wird in erster Linie von den titelspezifischen Entwicklungen in ihren Einzelpositionen getrieben, worauf unsere Zuordnung in den Alpha-Typ und die hohe Rendite-Dispersion zwischen den Managern basieren. Natürlich spielen wirtschaftliche Umfelder und generelle Finanzmarktentwicklungen auch eine Rolle (z.B. Inflation und höhere Zinsen). Erstklassige Unternehmen dürften sich aber in erheblich mehr Szenarien gut entwickeln als schlecht aufgestellte.
Der geringe Streubesitz impliziert, dass man diese Privatmarktfonds kaum replizieren kann. Das ist eine zentrale Voraussetzung für den Alpha-Wettbewerb. Denn im Gegensatz zu traditionellen Anlagen lässt sich bei Privatmarktanlagen nicht einfach ein Index-Portfolio oder eines von erfolgreichen Konkurrenten kopieren und mit aktiven Wetten ergänzen. Anbieter wissen, dass der Zugang und Kauf der «besten» Firmen (zum richtigen Preis) für ihren eigenen Anlageerfolg matchentscheidend sind. Entsprechend hart ist der Wettbewerb um (vermeintliche) Perlen, deren künftiger Wert von zahllosen Analysten in unzähligen Nachtschichten und Modellanpassungen gesucht wird. Leider gibt es in der realen Finanzwelt nicht so viele echte, unentdeckte Perlen, was die hohen Preise und den harten Wettbewerb um die begehrtesten Kandidaten erklärt. Und wer eine Perle findet, möchte sie nicht mit anderen teilen und damit sein wertvolles Alpha verwässern. Am Rande sei dabei erwähnt, dass den Perlen oft ihr eigener Status bewusst ist, weshalb sie sich ihre Investoren aussuchen können. Grosse Institutionen und deren Manager sind gegenüber kleineren und privaten Investoren eher im Vorteil.
Weiter ist zu bedenken, dass es nicht nur am feh-lenden Interesse der Anbieter liegt, ihre Nettorenditen öffentlich zu publizieren, weshalb brauchbare Indizes für Privatmarktanlagen nach wie vor rar sind. Vielmehr liegt die Herausforderung darin, die Daten überhaupt zeitnah zu erfassen, einzusammeln und einigermassen homogen und sinnvoll aufzubereiten. Privatmarktanlagen sind, wie der Name verrät, privat. Es besteht keine Pflicht, Details von Transaktionen mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Implikationen für Anlagestrategien
Unsere bisherigen Gedanken spielen für Investoren nicht nur bei Managerselektionen eine Rolle, sondern auch bei der Formulierung ihrer Anlagestrategien und vor allem bei der Erwartungsbildung für zukünftige Renditen und Risiken. In unseren Augen liegt dort eine der Hauptquellen für frühere Enttäuschungen mit solchen Alpha-Anlagen und für negative Verallgemeinerungen wettbewerbsintensiver Anlageklassen.
Beim Beta-Typ von traditionellen Anlageklassen mit geringen Differenzen in den Renditen verschiedener Anbieter und praktisch identischen Portfolios wird die angestrebte Rendite (oft diejenige des Index) relativ zuverlässig erreicht. Entsprechend genügt es bei der Fixierung der Anlagestrategie, generelle Erwartungen an die Anlageklasse zu formulieren. Wer gemäss dem MSCI World Aktienindex in ein marktkapitalisiertes Portfolio der grössten Aktientitel der Welt investieren möchte, braucht «nur» seine erwartete Rendite für Aktien Welt zu formulieren und einen unter den vielen kompetitiven Anbietern auszusuchen. Die Chancen, dass er so seine angestrebte Marktrendite erreicht, stehen sehr gut. Wer keine Lust auf eigene Rendite-prognosen verspürt, extrapoliert die Indexwerte der letzten Jahrzehnte oder bezahlt einen Consultant dafür. Verantwortung delegiert, Problem gelöst.
Ganz anders die Situation bei den Anlageklassen und Strategien im Alpha-Typ. Die hohe Renditedispersion unter den Managern, sprich das hohe Umsetzungsrisiko und die enormen Unterschiede zwischen den wenigen (im Voraus oft nicht einmal bekannten) Titeln in den einzelnen Fonds, erschweren die Formulierung von strategischen Rendite-Risiko-Erwartungen sowie die Modellierung geeigneter Strategiequoten z.B. im Rahmen einer ALM-Studie erheblich. Selbst die Identifikation praxistauglicher Durchschnitte von den historischen Renditen stellt für einige Anlageklassen eine grosse Herausforderung dar.
Wer sich zutraut, mit den zukünftigen Top Quartil PE-Fonds zu investieren, darf höhere erwartete Renditen im Rahmen seiner Strategiedefinition unterstellen, als Anleger, die sich das (evtl. zu Recht) nicht zutrauen. Das müsste konsequenterweise auch zu individuellen PE-Allokationen in ausgewählten Strategien führen, sofern sich ein Anleger am klassischen Portfoliomodell mit Rendite-Risiko-Korrelations-Inputs orientiert.
Zudem fragt sich, ob man überhaupt in den Durch-schnitt gewisser Anlageklassen investieren möchte. Bei Hedge Funds (die übrigens keine Anlageklasse darstellen, sondern nur ein heterogenes Set aktiver Strategien) sind wir der Meinung, dass Anleger keine durchschnittliche Anlage anstreben sollten. Vielmehr liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Identifikation nützlicher Strategien, die ein traditionell dominiertes Portfolio gezielt verbessern; entweder über eine Renditesteigerung oder eine Risikoreduktion, und im besten Fall beides. Und dafür ist eine bewusste Selektion von Managern und Fonds unabdingbar.
Nicht das Kind mit dem Bad ausschütten
Leider beobachten wir immer wieder, dass eine unglückliche Selektion von Managern und Fonds in den Alpha-Anlageklassen zur Verteufelung der gesamten Anlageklassen führt. Ob das fair ist oder nicht, sei da-hingestellt. Wer bei McDonalds essen geht, weiss im Voraus, was er kriegt und was er dafür zahlt. Der Big Mac ist so ein etabliertes und homogenes Gut, dass sogar ein Index darauf seit Jahrzehnten Beachtung findet. Wer hingegen einen neuen Gourmet-Tempel betritt, weiss evtl. nicht, ob er diesen Stunden später in lukullischer Zufriedenheit oder aber unverändert hungrig, sauer und mit leerer Brieftasche verlässt. Die meisten Menschen akzeptieren sowohl ein gewisses Umsetzungsrisiko bei einem Besuch der Gastroszene als auch das Recht auf individuellen Geschmack. Die Schönheit liegt wie immer im Auge des Betrachters.
Wichtig sind uns auch bei Anlagen faktenbasierte und objektive Analysen, bzw. nüchterne Antworten auf die eingangs gestellten zwei Fragen. Wenn die Rendite unter den individuellen Zielsetzungen blieb, sollte man herausfinden, ob es an erschwerten Umständen der Anlageklasse lag, oder ob die Selektion unglücklich war. Evtl. setzte man sich unerreichbare Ziele oder schränkte sich mit gut gemeinten aber schwer zu erfüllenden Risikobudgets zu stark ein. Gut strukturierte Peergroup-Vergleiche helfen bei der Suche nach diesen Antworten. Auf dieser Basis, lässt sich dann auch die zweite Frage beantworten. Dabei sollte man prüfen, ob und weshalb Voraussetzungen für eine erfolgreichere Selektion in Zukunft besser sind. Und dies nicht nur intern, sondern auch in Bezug auf externe Berater und Partner (oder Gastroführer).
Es kann nicht jeder im Top-Quartil sein
Die beschriebene Ausgangslage in den Alpha-Typ-Anlagen impliziert, dass nicht nur unter Managern, sondern auch unter Anlegern ein Wettbewerb um den Zugang zu den Top-Managern besteht. Private Equity lohnt sich besonders dann, wenn man in Top-Quartil-Fonds investiert. Entsprechend erstaunt es nicht, dass (fast) jeder Anbieter von sich behauptet, ein solcher zu sein, obwohl von Anfang an klar ist, dass es nur einem Viertel gelingen wird. Und das Risiko, dass dieser kleine Schwindel auffliegt, ist tief, weil eben transparente Rendite-Vergleiche schwierig sind (wie beim Gastro-Vergleich). Anders ist die Lage bei indexierten Anlagen (Beta-Typ), wo wir nie solch ambitionierte Marketing-Versprechen hören, weil es im Wettbewerb mit den anderen Indexing-Anbietern unnötig, unglaubwürdig und nicht zielführend wäre.
Konklusionen für Praktiker
Sorgfalt bei der Managerauswahl ist unabdingbar. Ebenso bei der Formulierung erwarteter Renditen und Anlagestrategien. Anleger sollten sich gut überlegen, welche Ziele sie sich setzen wollen und welche Umsetzungsrisiken sie dafür selbst eingehen bzw. welche sie an Berater oder Multi-Manager-Lösungen dele-gieren wollen. Wenn das Anlageziel darauf ausge-richtet wird, traditionelle Risikoprämien (Beta) günstig abzuschöpfen, sind die Herausforderungen in der Selektion und die Gefahr von Enttäuschungen bei der Umsetzung viel geringer als bei Alpha-Anlagen, wo die Zielerreichung stets über den harten Wettbewerb und erfolgreiche Managerselektion führt. Das spricht per se weder gegen bestimmte Anlageklassen noch gegen bestimmte Restaurants, sondern nur gegen naive Umsetzungen und fehlgeleitete Erwartungen.
Christoph Gort, Investment Managing Director
Urheberrecht © 2024 Cambridge Associates. Alle Rechte vorbehalten. Nur für professionelle Kunden. Zu Informations- und Werbezwecken. Dies darf nicht als Rechts-, Steuer-, Investitions-, Finanz- oder sonstige Beratung ausgelegt werden.
Wer wir sind
Cambridge Associates zeichnet sich durch Know-How der lokalen Anforderungen in Verbindung mit globalen Ressourcen aus. Wir bieten unseren Kunden Zugang zu attraktiven globalen und regionalen Investmentmöglichkeiten.
Wir entwerfen maßgeschneiderte Portfolios, um den langfristigen Wert des Kapitals jedes Kunden zu maximieren. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung im Investmentbereich unterstützen wir unsere Kunden in enger Zusammenarbeit beim Erreichen ihrer langfristigen Anlageziele.